MATT BLACK AMERICAN GEOGRAPHY #MATTBLACKDTH

2017 schrieb ich einen Artikel über das Projekt von Matt Black und die Geografie der Armut. Damals stellte ich fest, dass es diese Art der sozialdokumentarischen Fotografie nur in Amerika zu sehen gibt in den reichweitenstarken Medien.

Im Mai 2020 schrieb ich einen Artikel über das vergessene Deutschland und Defizite in der deutschen Dokumentarfotografie. Dort habe ich wieder u.a. auf Matt Black verwiesen aber vor allem ging es mir darum, zu zeigen, was hier erforderlich wäre.

Jetzt findet in den Deichtorhallen in Hamburg eine Ausstellung über genau dieses Projekt in den USA statt mit der Überschrift MATT BLACK AMERICAN GEOGRAPHY #MATTBLACKDTH.

Einerseits ist es sicherlich gut, wenn Matt Black als Thema in den Deichtorhallen gezeigt wird. Andererseits ersetzt dies ja nicht, die Probleme im eigenen Land ebenso fotografisch anzupacken.

In einer Pressemitteilung der Deichtorhallen heisst es:

„Der US-amerikanische Magnum-Fotograf Matt Black (*1970) hat in seinen Arbeiten immer wieder den Zusammenhang zwischen Migration, Armut, Landwirtschaft und der Umwelt in seiner Heimat Kalifornien und in Süd-Mexiko dokumentiert. Für sein Projekt AMERICAN GEOGRAPHY reiste er über 100.000 Meilen durch 46 US-Bundesstaaten, darunter Kalifornien, Oregon, Louisiana, Tennessee und New York. Auf diesem Road Trip besuchte Black Gemeinden, deren Armutsquote über 20 Prozent liegt, und die wie auf einer Landkarte miteinander verbunden werden können. So gelang es Black, Armut als kollektives Element der Menschen in den USA darzustellen, deren Leben sich abseits des American Dream abspielt. »Der wichtigste Schlüssel, um zu verstehen, was und warum ich dieses Projekt mache, ist meine eigne Herkunft«, sagt Matt Black über das Projekt. »Meine Region und auch viele andere im ganzen Land werden nicht vom großen amerikanischen Mythos – also von der Grundidee Amerikas – repräsentiert.«

78 Exponate dieser Reisen bilden den Fokus der von Ingo Taubhorn zusammen mit dem Fotografen kuratierten Ausstellung AMERICAN GEOGRAPHY, die als weltweite Premiere vom 25. September 2020 bis 3. Januar 2021 im Haus der Photographie der Deichtorhallen Hamburg präsentiert wird. »Mit der Ausstellung AMERICAN GEOGRAPHY von Matt Black setzen wir im Haus der Photographie nach Lauren Greenfield und Paolo Pellegrin die Reihe engagierter Dokumentarfotograf*innen fort, welche stark auf gesellschaftspolitische und soziale Bedingungen des Lebens eingehen. Mit seinen großformatigen quadratischen Schwarz-Weiß-Bildern und überwältigenden Landschaftspanoramen zeigt uns Black ein Land fern der unbegrenzten Möglichkeiten und eine amerikanische Gesellschaft, die größtenteils von Armut, Chancenlosigkeit und politischer Resignation geprägt ist«, sagt Ingo Taubhorn, Kurator des Hauses der Photographie.

AMERICAN GEOGRAPHY konzentriert sich auf die am stärksten benachteiligten Orte und ihre Bewohner*innen in den USA. Matt Black fotografierte dazu in den Wüsten im Südwesten über den Black Belt im Südosten bis hin zu den postindustriellen, ehemaligen Fabrikstädten im Mittleren Westen und Nordosten. Die Ergebnisse sind beeindruckend: Wenn Fotografie dazu beitragen kann, um Fakten und Zahlen zu humanisieren, so zeigt die Karte das Ausmaß des Problems. Dieses Aufzeigen einzelner Notlagen wird damit zum Schlaglicht für ein landesweites Thema.

Matt Black wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem W. Eugene Smith Award (2015), dem Robert F. Kennedy Journalism Award (2016) und zuletzt 2018 für seine Arbeit in Puerto Rico. Weitere Auszeichnungen erhielt er vom Magnum Foundation Emergency Fund, dem Pulitzer Center on Crisis Reporting und dem Center for Cultural Innovation.“

Es gibt also in der deutschen sozialdokumentarischen Fotografie nichts Neues, was man zeigen könnte statt oder zusammen mit Matt Black?

Man könnte dies alles auch als Beispiel für die sozialen Gebrauchsweisen der Fotografie nutzen. Es ist eben leichter auf andere zu schauen als die Opfer im eigenen Land zu dokumentieren und ins Museum zu hängen. Aber den Deichtorhallen will ich nicht Unrecht tun. Sie haben als fast Einzige vor einiger Zeit Gordon Parks herausgehoben und sie stellen jetzt wenigstens hier das aus, was woanders gemacht wird und wurde.

Damals schrieb ich: „Man stelle sich vor wir würden in Deutschland … die verheerenden Auswirkungen der Altersarmut und von Hartz4 mit einer fotografischen Geografie durch Deutschland ebenso darstellen…“

Das wird es nicht geben, sonst wären meine Fotos schon lange im Museum als deutsche Variante. Ich habe zwar nicht auf Instagram in schwarzweiss dokumentiert aber an anderen Stellen.

Es legt eben den Finger in die noch offene Wunde und wird daher von den noch regierenden Verursachern abgelehnt.

Wenn z.B. in NRW fast 60% gar nicht mehr wählen bei der Kommunalwahl 2020 wie schon 2014, dann zeigt dies, was solche Elendssysteme wie Hartz4 mit sich bringen. Sie stärken die Reichen, Herrschenden und die diktatorischen Strukturen, egal ob digital oder sozial, auch in der Demokratie, die ja nicht repräsentativ ist obwohl sie in Deutschland laut Grundgesetz so sein müßte. Sie stärken offenbar nicht die Populisten.

Und weil es für die Dokumentation solcher sozialer Zustände hier kein Geld gibt, wird so etwas auch nicht in den Deichtorhallen ausgestellt werden können. Stattdessen gibt es einerseits ergötzende Serien im Privatfernsehen über „Hartzer“ und andererseits ein ziemlich gutes Buch von Anna Mayr über „Die Elenden“.

Vielleicht ein Anfang…

 

 

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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