Vom Presseausweis zum Medienausweis

Der neue Medienstaatsvertrag kommt ins Ziel. Da bin ich gespannt wie es weitergeht mit der privilegierten Presse und der Ausgrenzung digitaler Medien.

Aber der Reihe nach

Blogger sind Journalisten:

„3. Unterscheidung zwischen Bloggern und anderen Journalisten

Wie das Beispiel des Bundestages zeigt, wird mittels Akkreditierungsbedingungen oftmals auch der Versuch unternommen, Bloggern und damit Online-Angeboten den Zugang zu Veranstaltungen zu verwehren. Mutmaßlich aus der Überlegung heraus, dass durch sie keine bedeutsame Berichterstattung erfolge und sie keine „echten“ Journalisten seien.

Allerdings sind grundsätzlich auch Blogger Journalisten und unterliegen der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG. Denn als Presse ist jede Form des lesbaren Wortes anzusehen, die massenkommunikative Wirkung hat.24 Ob dies gedruckt oder digital geschieht, macht keinen Unterschied. Daraus folgen für sie neben diversen Pflichten vor allem auch Rechte und Garantien des Staates. Zu diesen zählt auch das Recht auf Zugang zu Informationen.25

Denn für Journalisten ist es bei der Ausübung ihrer Tätigkeit von existenzieller Bedeutung, möglichst uneingeschränkten Zugang zu allen Informationsquellen und Veranstaltungen, wie beispielsweise auch öffentlichen Ausschusssitzungen des Bundestages, zu haben.

Gerade staatliche Institutionen haben bei der Zugangsgewährung darauf zu achten, dass der Neutralitätsgrundsatz gegenüber Pressevertretern gewahrt bleibt und es zu keinen Ungleichbehandlungen kommt. Zwar kann es im Einzelfall auf Grund von Kapazitätsengpässen zu Differenzierungen anhand vorher festgelegter Kriterien kommen.

Von vornherein bestimmte Arten von Medien generell auszuschließen, wäre aber ein Verstoß gegen die Neutralitätspflicht des Staates gegenüber Journalisten,26 welche aus dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgt.27

Blogs sind keine Presse K&R 2014, 486 zweiter Klasse. Blogger sind genauso wie Print-, Fernseh- und Radio-Journalisten durch die Pressefreiheit geschützt. Ein genereller Ausschluss von Bloggern ist als genauso rechtswidrig anzusehen, wie es eine Differenzierung zwischen Fernseh- und Zeitungsjournalisten wäre.

dd) Gewachsene Bedeutung des Bürgerjournalismus durch BlogsIn der Debatte um die Hauptberuflichkeit ist bisher zudem unberücksichtigt geblieben, dass sich die Medienwelt in den vergangenen zwei Jahrzehnten massiv gewandelt hat. Im analogen Zeitalter waren nebenberufliche Journalisten noch weitestgehend eine Randerscheinung und im Zweifel darauf angewiesen, in althergebrachten Medien und insbesondere Zeitungen zu publizieren. Heutzutage machen es die zahlreichen Publikationsmöglichkeiten des Internets aber grundsätzlich jedem Internetnutzer möglich, sich regelmäßig als Blogger und Bürgerjournalist zu betätigen und dabei eine für die Meinungsbildung relevante Größe der Allgemeinheit zu erreichen. Deren Publikationen müssen in Quantität und Qualität jenen hauptberuflicher Journalisten keineswegs nachstehen. Im Gegenteil: Im Einzelfall kann ein nebenberuflicher Journalist, der auf ein bestimmtes Thema spezialisiert ist, eine höhere Gewähr für eine umfassende und qualitativ hochwertige Berichterstattung zu einem Thema bieten, als ein hauptberuflicher Journalist, der den Sach- und Kostenzwängen einer Redaktion unterliegt. Insofern stellt sich eine Unterscheidung zwischen haupt- und nebenberuflich heute als nicht mehr zeit- und sachgerecht dar. Von vornherein zwischen der Arbeit hauptberuflicher und nebenberuflicher Journalisten nur aufgrund des zeitlichen Umfangs ihrer Tätigkeit zu unterscheiden, lässt sich mit der aus Art. 3 Abs. 1 GG i.V. m. Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG folgenden Neutralitätspflicht gegenüber der Presse nicht vereinbaren. Dies gilt insbesondere dann, wenn es um die Zugangsgewährung durch staatliche Stellen geht…“

Dieser Text von Jonas Kahl hat nichts von seiner Richtigkeit verloren, aber er wird dennoch von den Regierenden und ihren Pressorganisationen vollständig ignoriert.

Ich zitiere mal aus einem Merkblatt:

„Merkblatt zum Antrag auf Ausstellung eines Presseausweises

Bevor Sie einen Presseausweis beantragen, prüfen Sie bitte, ob Sie berechtigt sind, einen Presseausweis zu führen. Lesen Sie dazu bitte dieses Merkblatt aufmerksam durch.Zuständigkeit für die Ausstellung von PresseausweisenAb 2018 hatder Verband der Zeitungsverleger in Rheinland-Pfalz und Saarland e. V. wieder den bundeseinheitlichen Presseausweis ausgestellt.

Die Innenministerkonferenz und der Trägerverein des Deutschen Presserats haben sich im Dezember 2016 auf dessen Wiedereinführung geeinigt. Der Ausweis soll dazu dienen, den Nachweis zu erleichtern, anerkannter Vertreter der Presse zu sein.

Auf der Rückseite des bundeseinheitlichen Presseausweises findet sich der folgende Text, der vom Vorsitzenden der Innenministerkonferenz unterzeichnet worden ist:„Die Presse erfüllt eine öffentliche Aufgabe. Dieser im Auftrag des Deutschen Presserats ausgestellte Presseausweis soll den/die Ausweisinhaber(in) in der Wahrnehmung seines/ihres Auskunftsrechts gegenüber Behörden unterstützen. Er soll, sofern dies nicht aus zwingenden Gründen verweigert werden muss, seine/ihre Berufsausübung innerhalb behördlicher Absperrungen zur aktuellen Berichterstattung erleichtern. Der Presseausweis erleichtert den Behörden die Überprüfung, wer als Vertreter(in) der Presse tätig ist.“

Die Zuständigkeit des Landesverbands der Zeitungsverleger in Rheinland-Pfalz und Saarland e. V. ist dann gegeben, wenn sich der im Personalausweis angegebene Wohnsitz im Verbandsgebiet befindet. Bei angestellten Journalisten/Redakteuren muss sich der Firmensitz des Verlages/Arbeitgeber im Verbandsgebiet befinden.Die Erteilung des Presseausweises erfolgt unabhängig von einer Mitgliedschaft in unserem Verband.AusgabebedingungenPresseausweise dürfen nur fürhauptberuflich tätige Journalistenausgestelltwerden, die eine verantwortliche, im öffentlichen Interesse liegende journalistische Tätigkeit ausüben.

Für Personen, die diese Tätigkeit nur gelegentlich ausüben, darf ein Presseausweis nicht ausgestellt werden. Als hauptberuflich tätige Journalistensind nur solche Personen zu bezeichnen, die ihren Lebensunterhalt überwiegend aus journalistischer Tätigkeit erzielen. Erläuterungen zuden AusgabebedinungenJournalisten sind für die Presse (Zeitungen und Zeitschriften) für Nachrichtenagenturen und Pressedienste, für Hörfunk und Fernsehen sowie für On-und Offline-Medien tätig. Nicht jede redaktionelle Tätigkeit berechtigt jedoch zum Führen eines Presseausweises. Bildjournalisten (Fotoreporter) sind Wortjournalisten gleichgestellt.Dasgenannte Erfordernis einer „verantwortlichen, im öffentlichen Interesse liegenden journalistischen Tätigkeit“verlangt eine am Pressekodex orientierte, unabhängige Berichterstattung über Tagesereignisse, Zeit-oder Fachfragenin öffentlich zugänglichen Publikationen.“

Da steht, daß sich die Politiker mit den Journalistenverbänden darauf geeinigt haben, das Grundgesetz an dieser Stelle vollständig zu mißachten.

Natürlich lügen Sie dabei auch noch, weil ich allein genug kenne, die davon hauptberuflich nicht leben oder oft sogar schon in Rente sind.

Ich habe es mehrfach probiert und mir wurde bis heute der Presseausweis verweigert, weil ich nicht kommerziell blogge und obwohl ich täglich um die zehntausend Besucher und Leser habe.

Aber gerade weil meine Themen notwendig aber oft unschön sind, wäre Werbung hier eher nicht gewollt von Werbetreibenden und ob ich davon leben könnte …

Abgesehen davon will ich hier auch keine digitale Verfolgung von Ihnen als Leser.

Und so gibt es weder Geld noch einen Presseausweis – das ist der Preis der Freiheit des Denkens.

Ich bin daher Publizist geworden, weil man dazu keinen Presseausweis der Verbände braucht.

Aber 2020 geht es ja weiter.

Wenn es einen neuen Medienstaatsvertrag gibt, muß es ja auch einen Medienausweis geben. Wer kriegt den denn?

Immer weniger können vom Journalismus leben, also müßten die ja alle keinen Presseausweis mehr erhalten.

Das nennt man doch Verlogenheit. Das sind auch keine Fake News sondern echte Fakten über die ich hier gerade schreibe.

Dokumentarfotografie und darüber schreiben hat etwas mit Wahrheit zu tun. Und die Wahrheit kann man wohl nur schreiben, wenn man keinen Presseausweis erhält?

So viel zum Verhältnis von Wahrheit und Wirklichkeit.

 

 

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert