Fotos mit Charakter zwischen Leica und Lumix in Solokameras und Smartphones

von der Leica M6 zur Lumix DMC-L1 – Foto: Michael Mahlke

Mir haben Kameras im rechteckigen Ziegelsteinformat immer besser gefallen als Spiegelreflexkameras.

Vielleicht lag das auch daran, daß ich mit meiner großen Nase besser durch den Sucher gucken konnte, wenn die Nase links von der Kamera war statt direkt auf der Rückseite an die Kamera zu stossen.

Nach dem Erwerb einer gebrauchten Leica M6 und einer alten Leica CL kam der digitale Kick erst mit der DMC-L1 von Olympus, Panasonic und Leica, die auch als Digilux 3 erschien. Aber 2999 Euro waren für mich zu viel und so mußte ich warten, bis es diese Kamera für 700 Euro gab. Das dauerte Jahre.

Aber es gab in digitalen Zeiten auch andere neue digitale Fotoapparate, die mit fotografischem Herz umgesetzt wurden.

 

Gut leben ohne Leica

So kam ich erst zur Ricoh, die mit ihrer Ricoh GR eine bis heute wirklich kompakte und professionelle Kamerareihe aufsetzten und dann zu Fuji.

von der Fuji zur Ricoh – Foto: Michael Mahlke

Beide Firmen machten Digitalkameras für Fotografen alter Schule in digitalen Zeiten. Das ist aber eine abnehmende Art von Menschen, die so fotografieren.

Die Fuji X10 mit ihrem wunderbaren kompakten traditionellen Design und einem optischen Sucher ermöglichte dann erstmals den Umstieg auf eine wirkliche Kamera für Fotografen alter Schule und die Fuji X100 mit dem Hybridsucher war dann die Umsetzung von alt und neu in alter Form auf neue Art und Weise. Das wurde dann auch meine fotografische Spielwiese, weil dies alles für mich bezahlbar war und eine echt gute Digitalkamera, die auch erhöhten alten Ansprüchen genügt. Mittlerweile haben einige Fuji Digitalkameras sogar einen digitalen Schnittbildentfernungsmesser.

Und natürlich gibt es auch die großen Namen Canon und Nikon, deren Digitalkameras mit Autofokus die fotografische Ereigniswelt bestimmten aber deren Gehäuse sich nie änderten in der Struktur außer bei der Nikon 1 V1 und bei einigen wenigen Kompaktkameras.

Da kommt Leica nirgendwo drin vor.

 

Leica und die M – das manuelle Meisterstück

Dies bedeutet, man kann auch wirklich gut ohne Leica fotografieren. Aber mein fotografischer Lehrmeister war nun mal Henri Cartier-Bresson und der fotografierte nur mit Leica. Ich hatte nun zwar gelernt so zu sehen wie er und auch so zu fotografieren, aber digital nie wirklich mit der Leica M. Daraus lassen sich zwei Schlüsse ziehen:

  • Erstens findet Fotografieren im Kopf statt und man kann auch ohne Leica wie Henri Cartier-Bresson fotografieren
  • Zweitens kann man auch mit einer Leica so wie Henri Cartier-Bresson fotografieren. Und er fotografierte in seiner aktiven Zeit mit einer Leica M, einer Messsucherkamera. Und er hat immer ohne Autofokus fotografiert, weil die Leica M keinen hat.

Die Leica M ist rein manuell und hat keinen schnellen und treffsicheren Autofokus. Dafür gibt es andere Kameras, die für schnelle Ereignisfotos besser sind.

Das war aber auch in analogen Zeiten so, wie aktuell sehr schön in einem wunderbaren Buch zu sehen ist. 

Die Leica M war eben so einfach konstruiert, daß sie überall schnell und sicher gute Fotos ermöglichte, aber Reporter, die Ereignisse direkt aufzeichnen mußten, nutzten später lieber die Nikon F und mit Einführung des Autofokus diese neue Technik.

 

Leica´s Weg in die Moderne – Kooperation durch Kompetenz

Der Weg in die digitale Welt war für Leica nicht einfach aber die Rettung kam in Form von Herrn Kaufmann, der offenbar mit Lust und Leidenschaft Leica übernahm und in die digitale Welt führte.

Panasonic mit seinen Lumix Digitalkameras boomt(e) und Leica war immer dabei als Bestandteil der Kameras und der Objektive, so daß sich dort in digitalen Zeiten eine erfolgreiche Partnerschaft mit durchdachten und technisch guten Digitalkameras entwickelte.

Erst holten sie DSLRs mit Touchscreen und Videosuchern in die digitale Welt und dann kam endlich nach Fuji mit der X100 auch bei Panasonic das Ziegelsteinformat zurück, dessen Höhepunkte aktuell die Lumix GX8 und GX80/GX9 sind im großen Format und die GM5 im kleinen Format. Olympus hatte auch diese Form in der Pen, die mit dem optischen Aufstecksucher an alte Zeiten anknüpfte aber bis zur Pen-F nie direkt einen Sucher eingebaut hatte.

Und immer dabei sind bei Lumix Objektive und Bauteile von Leica oder sogar Digitalkameras mit Leica-Abstimmungen von Panasonic. Leica war also mehr als die M und ist heute noch viel weiter.

Beim Suchen nach Antworten auf Fragen zu Leica stieß ich online auf den Niederländer Erwin Puts.

Erwin Puts ist für mich online ein sehr kompetenter Publizist, der sehr inspirierend alle Aspekte von Leica darstellt. Es ist mir seit Jahren eine Freude, seine Artikel zu lesen, die eine eigene Meinung und kompetente Gedanken beinhalten und mit der Zeit gehen.

Aktuell denkt er über Leica heute nach. Dabei zeigt er den Unterschied zwischen dem Charakter bei technischen Geräten und dem Umgang damit auf. Er schreibt über Leica:

„Die derzeitige Objektivgeneration ist beispielhaft und erfordert keine Nachbearbeitungsverbesserungen. Wenn es zu Vignettierung oder Verzerrung kommt, sollte man mit diesen Eigenschaften arbeiten, da es eine Eigenschaft des Objektivs ist. Es ist viel zu leicht, die Kamera oder den Computer zu beschuldigen wegen mangelnder Bildqualität im Bild. Die hohen ISO-Werte erzeugen bei den Kameras M8 und M9 ein Rauschen. Ja und? Körnung war auch in Tri-X sichtbar und dennoch fühlte sich niemand gehindert, diesen Film zu verwenden und schöne Bilder zu machen.Leica Fotografen sollten ihre Verantwortung übernehmen und die Werkzeuge einsetzen, die Grenzen ausloten und versuchen, Erfahrung und Wissen zu sammeln, um die Fähigkeiten zu erweitern. Es ist ein bisschen zu einfach anzunehmen, dass die Bilder besser sind, wenn das M alle Merkmale des aktuellen Wettbewerbs hat.“

So haben es google und ich übersetzt, im Original heißt es: „The current generation of lenses is exemplary and do not require post processing improvements. If there is some vignetting or distortion, one should work with these characteristics because it is a property of the lens. It is far too easy to blame the camera or the computer for the lack of quality of the picture. The high ISO values produce noise in the M8 and M9 cameras. So what? Grain was visible in Tri-X too and yet no one felt inhibited to use this film and make beautiful images. Leica photographers should take their responsibility and start using the tools, exploring the limits and try to accumulate experience and knowledge to extend the capabilities. It is a bit too simple to assume that the pictures will be better when the M has all the features of the current competition.“

Perfekt sein bedeutet nicht makellos zu sein sondern ganz dem eigenen Charakter entsprechend zu sein. Und Objektive haben ebenso wie Kameras ihren eigenen Charakter. Aber technische Perfektion ist immer relativ im Verhältnis zur Funktion und den vorhandenen Möglichkeiten.

Und so hat Erwin Puts hier etwas schon philosophisch aufgezeichnet, was für Leica und alles andere nach Leica ebenso gilt.

Damit kann man mit Charakter auch charaktervolle Fotos machen mit Leica und ohne Leica.

Aber alles bisher dazu hier Aufgeschriebene ist altes Denken.

 

Leica neu gedacht

Ich sollte mich vielleicht mal dem neuen Denken zuwenden, weil das anders aussieht und die Realität auch neu sieht. Denn das Fotografieren ist heute Teil der alltäglichen Kommunikation und bedeutet tippen wie bei Buchstaben. Das Smartphone ist aktuell die Welt die in den Kopf geht und das Weltbild bestimmt und Smartphone-Fotografie beherrscht unser Leben. Der Zugang zur Fotografie und die Bedienung sind heute daher wesentlich einfacher und alltäglicher.

Wenn wir ca. 100 Jahre zurückblicken, dann sieht das für Leica nach einem Gedanken von Erwin Puts so aus. Leica hat schon in der M3 alles verarbeitet, was auf dem technischen Markt damals verfügbar war. Die Eigenleistung bestand darin das Ganze aus der Summe seiner Teile zu kreieren. Das machte dann die M – steht vielleicht auch für MM wie bei mir.

Und Leica macht es bis heute so.

Erwin Puts hat dies am 26.9.2018 auf seinem Blog so formuliert: „My last paragraph in the previous post referred to the future strategy of Leica to become a system integrator and design hub for all things that have an optical and camera flavour. The association with Huawei showed the direction: input of optical design and sensor knowledge and manufacture in China.“

Leica wird danach ein Systemintegrator und Netzwerk für das Zusammenspiel von Optik und Kamera –  so würde ich dies zusammenfassen.

So ist dann Leica auch da, wo im Alltag die neuen Fotos entstehen: im Smartphone.

Und darüber hinaus in den neuen Formen der Digitalkameras bei Lumix von Panasonic. Lumix und Leica ist wie eine Ehe, deren Kinder die Kameras und ihre Objektive sind. Und einige dieser Kameras und Objektive sind meine Freunde. MFT ist einfach genial durch die Vielfalt an Kombinationsmöglichkeiten.

Und heute?

 

Leica als fotografische Ausdrucksmöglichkeit

2018 und 2019 ist eine Zeit mit vielen wirklich guten Digitalkameras und Smartphones, die Leica können, Leica auf neue Art.

Leica als fotografische Ausdrucksmöglichkeit – im Smartphone, als optisches Bauteil für Digitalkameras im MFT-Bereich und Leica als eigenständige Produkte in Kameras, Sportoptik und darüber hinaus bis zur Anwendung des Leica Equipment zur Kreation von Fotos a la Leica Style.

Leica geht mit der Zeit und brauchte einen visionären Unternehmer, um etwas neu zu unternehmen, das in die neue Zeit führte.

Jetzt ist Leica hier und hat verstanden, nur wer sich ändert bleibt sich treu, wenn er seine Kompetenzen unter neuen Bedingungen neu einbringt und neu entwickelt für neue technische Innovationen solange die Gesetze der Physik noch gelten.

Leica ist heute Liebe zur Fotografie auch auf neue Art. Und Erwin Puts sei unbekannterweise gedankt für seine gehaltvollen gedanklichen Wege in die alte und die neue Leicawelt und seine Betrachtungen zur Zeit und zur Fotografie gestern und heute.

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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