Väter und Söhne hrsg. von Peter Graf und Till Schaap

Väter und Söhne

„Liebesgeschichten in Bildern“ sollen es sein. Es ist eine Sammlung von Fotografien, die es sonst so nicht zu sehen gibt mit einem Foto von Robert Capa, das Ernest Hemingway und seinen Sohn zeigt oder Fotos von Henri Cartier-Bresson mit Vätern in Russland und andere bekannte Namen.

Zugleich ist dieses Buch von 2009 eine Annäherung an ein Thema, das zur Selbstreflexion einlädt. Wie ist oder war das Verhältnis zum eigenen Vater? Kommen Emotionen hoch beim Betrachten dieser Fotos oder ist das alles abgeschlossen?

Damit nicht genug. Wenn ich sehe wie heute Familienfotografie betrieben wird, dann wären solche Fotos eher undenkbar in einer heute so schönen Welt des digitalen Scheins, wo die treusorgenden und großartigen „sichtbaren“ Darstellungen der wunderbaren Vater-Sohn Beziehung überwiegen.

Hier dagegen sieht man ehrliche Fotos, die nicht die Egomanie widerspiegeln sondern die Schwierigkeit aber auch die Versuche der Fürsorge oder Kontrolle unter verschiedensten Verhältnissen im sozialen und politischen Leben. Vielleicht dokumentieren sich hier auch gescheiterte Versuche von Männern mit Kindern?

Ich empfinde dieses Buch als sehr anregend, gerade weil es so unspektakulär auftritt und doch ein eher heute hier falsch besetztes Thema zeigt. Im Zeitalter der Genderalisierung und des partnerschaftlichen Darstellungsverhaltens zeigt sich, daß Bilder Zeitgeist spiegeln und früher manches anders aber nicht schlechter war, sondern ehrlicher und komplizierter aber dafür besser lebbar als die idealisierten Klischees im Kopf von heute.

Man merkt an meinen Worten, daß ich mich mitten in den Bilderwelten dieses Buches befinde. Ich finde eigene Lebenserfahrungen in diesen Fotos wieder und setze sie gerade in ein Verhältnis zu den Peoplefotografen und Porträts von heute. Da finde ich mich eher nicht wieder. Deshalb ist dieses Buch ein Buch von gestern für heute und auf Bücherbörsen noch erhältlich, wenn dieses Thema interessiert.

Väter und Söhne

ISBN 978-3-7165-1558-7

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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