Indien, Steve McCurry

„Die Fotos zeigen Indien, wie es wirklich ist, mit all seinen Gegensätzen.“ So erfahren wir es im Vorwort dieses großformatigen und großartigen Buches.

Indien, Steve McCurry
Indien, Steve McCurry

Nun ist Steve McCurry mittlerweile einer der bekanntesten Fotografen und seine Vorliebe für Asien und Indien hat uns viele bemerkenswerte Fotos beschert.

Kann man das noch toppen?

Ja.

Dieses Buch ist im Wortsinne sehr sehenswert.

Es ist eine Sammlung von Fotografien, die in mehr als 30 Jahren von Steve McCurry in Indien gemacht wurden. Dabei ist dann auch der Übergang vom analogen Fotografieren in das digitale Fotografieren zu sehen.

Besonders bemerkenswert ist dabei, daß der Übergang manchmal gar nicht auffällt.

Alle Fotos © Steve McCurry”  “aus Indien (Prestel Verlag, 2015)” Westbengalen, 1983. Fahrräder hängen an der Aussenwand eines Eisenbahnwaggons.
Alle Fotos © Steve McCurry”
 “aus Indien (Prestel Verlag, 2015)” Westbengalen, 1983. Fahrräder hängen an der Aussenwand eines
Eisenbahnwaggons.

Auffallend ist eher die Art des Fotografierens, die unterschiedlichen Motive, die sich durch die Präsenz an unterschiedlichen Orten und zu unterschiedlichen Zeiten ergab und die Breite der Darstellung, die sich nur durch eine Sammlung über eine so lange Zeit ergeben kann.

Wir erfahren, daß die kulturelle Differenz vom Google- und Microsoft-Komplex  zum Ochsenkarren in Indien höchstens zwanzig Minuten beträgt.

Und wir sehen Fotos, die zeigen, daß sich in dieser langen Zeit trotz zivilisatorischer Änderungen und dem Einzug des digitalen Lebens im Alltag und der Darstellung nach außen offenkundig wenig geändert hat.

Aber das Buch ist noch mehr.

Es ist auch ein visuelles Farbenmeer, das die visuelle Tradition Indiens wiedergibt.

Mit den Augen des Europäers betrachtet sieht man hier, wie selbstverständlich absolute Armut ohne Bett und soziale Sicherheit neben eklatantem Reichtum akzeptiert wird ohne sich zu wehren.

Die fotografische Welt von Steve McCurry in diesem Buch gefällt mir aber noch aus einem anderen Grund.

Es ist ein Buch, das die Fotos so darstellt wie gute Fotos auch dargestellt werden sollen: großformatig und mit klarem geometrischem Aufbau.

Das Buch ist so groß wie das berühmte Buch von Henri Cartier-Bresson und enthält so viele gute Motive, die das Leben und die Menschen in ihrer dargestellten Würde zeigen, daß es eine stundenlange Wonne sein kann, darin visuell zu schwelgen.

Alle Fotos © Steve McCurry”  “aus Indien (Prestel Verlag, 2015)” Rajasthan, 2012. Mahuts schlafen bei ihren Elefanten.
Alle Fotos © Steve McCurry”
 “aus Indien (Prestel Verlag, 2015)” Rajasthan, 2012. Mahuts schlafen bei ihren Elefanten.

Die Sitten und Gebräuche und die Realität des Lebens im öffentlichen Raum (soweit es dies dort gibt) wird uns vor Augen geführt.

Und gerade der zeitliche Längsschritt zeigt das Überzeitliche, wenn ich mich mal so philosophisch ausdrücken darf.

Der Prestel-Verlag hat damit ein großartiges Buch auf den Markt gebracht, das sich als Geschenk eignet und eher von Dauer sein wird, weil es auch fotografisch gut ist.

Die Welt der Armen und der Reichen, Mühsal und Luxus, gestern und heute und die bemerkenswerte Farbenpracht machen aus diesem Buch ein im besten alten Sinne „Sittengemälde“ einer Gesellschaft und eines Kontinents.

Und wenn ich es in die Tradition zu dem berühmten Buch über Indien von Henri Cartier-Bresson setze, dann hat es eine würdige Fortsetzung gefunden.

Wie schreibt der Verlag?

„Indien ist ein Land, das sich und andere verändert. Eine seiner ersten Reisen führe den Fotografen Steve McCurry in den 1970er Jahren nach Indien. Dunkles Henna, gehämmertes Gold, Curry und Safran, all die vibrierenden Farben des Landes haben ihn gelehrt, mit Licht zu sehen und zu schreiben. In Indien, das so ganz anders als seine Heimat ist, hat McCurry zum ersten Mal intensiv gearbeitet. Denn anders als in seiner Heimat Amerika spielt sich das Leben hier auf der Straße ab. Anders als in Cleveland gibt es hier diese unglaubliche Vielfalt an Klassen, Kasten, Reichen und Armen. Diese Erfahrung hat McCurrys Blick für Farben, Menschen und Gesichter geprägt und ihn zu einem der renommiertesten Fotografen unserer Zeit gemacht.
Der neue Bildband Indien, der jetzt im Prestel Verlag erscheint, ist das Produkt einer jahrzehntelangen Liebe zu Indien und zugleich der Anspruch, die einzigartige Vielfalt dieses Landes zu dokumentieren. Von den 96 großformatigen, brillant gedruckten Bildern sind mehr als die Hälfte bislang unveröffentlicht und stammen aus McCurrys privatem Archiv – er selber hat sie für dieses Buch zusammengestellt. Sie zeigen Indien in seiner ganzen Schönheit und Widersprüchlichkeit, Indien mit seiner Kluft zwischen Reich und Arm, zwischen technischem Fortschritt und tiefer Religiosität. Von den Staubstürmen Rajasthans bis zu den in Monsunfluten versinkenden Dörfern Bengalens, von Kaschmir bis Kerala: McCurry entführt uns in eine Welt des klaren Lichts, leuchtender Farben und tiefschwarzer Schatten – deren Stimmung mal melancholisch, mal ausgelassen fröhlich ist. So beschert er uns tiefe Einblicke in die unterschiedlichen Facetten des indischen Lebens, von den riesigen Menschenansammlungen während Kumbh Mela bis hin zum einsamen Holzarbeiter in den Wäldern des Himalaya. Die Wirkung der ganzseitigen Abbildungen wird durch keine Texte gestört, kurze erläuternde Texte zum Motiv finden sich am Ende des Buches.
Das Vorwort schrieb der britische Reiseschriftsteller William Dalrymple, Korrespondent des New Statesman und Begründer des Jaipur Literatur-Festivals.

Es ist im Prestel-Verlag erschienen und sehr empfehlenswert.
Steve McCurry
Indien
Mit einem Text von William Dalrymple
208 Seiten mit 96 Farbabbildungen
Gebunden mit Schutzumschlag
27,5 x 38 cm
ISBN: 978-3-7913-8195-4

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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