Rubbeln Sie sich alt – Anmerkungen zu Kameratests heute

Heute muß alles messbar sein, damit es vergleichbar ist. Und Kameratests haben heute zwei Ziele: Informationen über Kameras zu verbreiten und Kameras zu vergleichen.

Da die Hersteller oft Kameras vorab Bloggern zur Verfügung stellen, werden diese manchmal auch zu PR-Bloggern. Wenn man sich nämlich die Ergebnisse der Kameratests anschaut, dann wird deutlich, daß sie keine Lust auf eine echte Meinung haben, weil sie dabei auch in ein Fettnäpfchen treten könnten. Daher gibt es maximal Pro und Contra.

Umgekehrt gibt es viele Dinge, die auch sehr lustig wirken.

Das möchte ich hier einmal darstellen.

Beispiel Pentax MX-1

Es gibt einen Test zur Pentax MX-1. Dort kommt der Tester zu folgendem Ergebnis: „Die Idee, dass sich der Lack mit der Zeit abnutzt und das darunterliegende Metall zum Vorschein kommt, finde ich witzig. Used-Look ist „IN“. Und wer das ganze beschleunigen will, kann mit einem Lappen oder Schmirgelpapier nachhelfen. Die Ausstattung der MX-1 ist völlig ausreichend auch wenn mir eben die drei oben erwähnten Punkte ein wenig fehlen.“

Also ist die Ausstattung jetzt ausreichend oder nicht? Bedeutet ausreichend eine 4 wie in der Schule oder bedeutet ausreichend, es ist alles da? Wenn die drei Dinge dabei wären, wäre die Ausstattung dann befriedigend oder gut oder wie? Und dann der Lack. Es gibt die Debatte über die eingebaute Abnutzung von Dingen. Das nennt man Obsoleszenz. Wenn der Lack der Pentax nicht hält, dann könnte man dies als Materialfehler sehen. Hier wird es umgedreht. Der Tester findet die Idee gut, daß der Lack sich abnutzt und empfiehlt sogar Schmirgelpapier zum Beschleunigen. Test, PR oder PR-Test – ich weiß es nicht. Vielleicht soll man das nicht so ernst nehmen.

Wie differenziert man testen kann und wie man dabei auch sieht, wie tief man sich mit einer Kamera vertraut machen kann, möchte ich an einem anderen Test der MX-1 in englischer Sprache zeigen. Dort weist der Autor darauf hin, dass die MX-1 ganz in der Tradition der früheren Kameras über zwei einzigartige Fokussiermodi verfügt, den Panfokus und den Unendlichfokus.

Finden Sie diesen Hinweis erläutert auch in anderen Tests?

Ich fand zudem in keinem Test die vertiefte Darstellung des Nacht-Schnappschuss-Modus mit guten Beispielen.

Ist er wie bei Sony? Handelt sich sogar um denselben Modus, weil es sich um einen Sony-Sensor handelt?

In meinen Augen hat ein guter Test auch offene Fragen, wenn es ein Test sein soll, der über die Vorführung der Kamerafunktionen hinausgeht.

  • Ist eine Vorführung eigentlich ein Test?
  • Oder gibt es einfach eine Umwertung der Werte?
  • Soll ein Kameratest heute nur der verbesserten Kaufberatung im Schnellverfahren dienen oder einen tiefen Einblick ermöglichen.
  • Und wenn der Test bei Testfotos und einem Gang durch die Menüs bleibt, kann der Tester mehr oder weiß er vielleicht gar nicht mehr, warum der Panfokus eine Rolle spielt etc.?
  • Oder ist der Test die neue PR-Anzeige?

Auch das sind Fragen, die ich mir stelle, wenn ich sehe, was heute an Content produziert wird.

Ich möchte diese Fragen beantworten mit einem anderen Beispiel. Es handelt sich um die Olympus XZ-10.

Beispiel Olympus XZ-10

Wußten Sie, daß man bei der Olympus XZ-10 die Belichtungsmessung auf das aktive Fokusfeld legen kann? Es wird also dort gemessen, wo fokussiert wird.

Der Moderator eines Forums hat die Spezialitäten dieser Kamera auf den Punkt gebracht. Finden Sie diese irgendwo in einem Test so differenziert wieder?

Den Testbericht von Daniela Schmidt auf digitalkamera.de finde ich sehr gut, weil er die Geschwisterkameras vergleicht. Der Test auf cnet.de zeigt differenziert eher die Filterseiten dieser Kamera.

Wenn man sich dann den Test auf chip.de anschaut meint man, eine andere Kamera vor sich zu haben. Auch die Empfehlung für die Alternative führt nicht zu einer anderen Kamera, die auch nur annähernd ein solches Niveau von Möglichkeiten hat.

So ist es, wenn man Tests miteinander vergleicht.

Nun handelt es sich hier um ein unendliches Thema. Daher höre ich an dieser Stelle damit auf, weil dies ein Artikel aus der Reihe fotografisches Feuilleton ist, der nur dazu dienen soll, unterhaltend und nachdenkend zu wirken.

Ich möchte weder die verlinkten Webseiten noch die dabei verlinkten Personen negativ erscheinen lassen.

Mir geht es nur darum, die Unterschiedlichkeit von Test zu Test zu zeigen und auf verschiedene Möglichkeiten hinweisen an zwei konkreten Beispielen, deren Bewertung auf der Grundlage ihrer Möglichkeiten erfolgen kann aber nicht muß – wie wir hier gesehen haben.

Mehr zum Thema Test finden Sie hier.

Ansonsten viel Spaß beim Fotografieren!

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/