Das neue Image der Streetphotography

Subjektive Beobachtungen objektiv vorhandener Kommunikation

Foto: Michael Mahlke
Foto: Michael Mahlke

Imagebildung bedeutet Bilder bzw. Eindrücke von einer Sache zu vermitteln, um gefühlsmäßig Meinungen anderer zu beeinflußen.

Und so ist die Streetphotography oder Strassenfotografie gerade dabei, ein neues Bild zu erhalten, das  der neuen Zeit angepaßt wird. Da lohnt sich schon das Hinschauen.

Kameras

Die Leica M Kameras waren die Kameras der Strassenfotografen. Das ist vorbei. Daher kreiert Leica gerade für neue Kameras das Image der Strassenfotografen neu.

Wie schreibt Leica so schön?

„FACE HUNTER – YVAN RODIC – Capturing moments in Paris

Yvan Rodic, bekannt als „Face Hunter“, postet regelmäßig Bilder neuer Trends und hat sich dadurch als Street Style Blogger in der ganzen Welt einen Namen gemacht. Um immer auf dem neusten Stand der Mode zu sein, reist er von Stadt zu Stadt. Begleiten Sie Yvan durch Paris und seien Sie dabei, wenn er sich während der Fashion Week mit der Leica C neue Inspiration holt.“

So wird aus dem Festhalten von Momenten (Capture the moment) und der Streetphotography nun der Street Style Blogger. Die Leica C oder Lumix LF1 ist dabei das Objekt, das dazu dienen soll, zuguterletzt Streetphotography mit dieser Kamera zu machen.

Dabei hat die Kamera in meinen Augen einen so schlechten Sucher (für das Jahr 2013), daß die Unternehmen sich schämen sollten. (Nachtrag zwei Jahre später: Wobei dieser Satz durchaus falsch verstanden werden kann, wie ich hier erläutert habe).

Aber gut. Man hänge sich Begriffe um und nutze diese in assoziativen Zusammenhängen und schon sollen bei Lesern/innen Gedanken ausgelöst werden, die die Richtung weisen (sollen).

aus einer Werbemail
aus einer Werbemail

Blogger

Während früher Strassenfotografen durch klar messbare fotografische Eigenschaften ihrer Aufnahmen zu den besten und größten zählten, können sich heute Blogger selbst zum „King of“ küren. So entstand in den letzten Jahren eine rege weltweite Bloggerei um das Thema Streetphotography – Strassenfotografie.

Der aktuell bekannteste Blogger ist eine Art Strassenfotograf ohne Eigenschaften. Eric Kim hat laut seiner eigenen Webseite offenkundig von allen Fotografinnen und Fotografen, die jemals populär oder prominent waren, alles Mögliche gelernt und hat diese Fleißarbeit auf seiner Webseite dargestellt.

Interessant wäre natürlich, wie er die sich teilweise diametral gegensätzlichen Lerninhalte auflöst. Daraus würde sich dann sein persönliches Profil ergeben.

Hinzu kommen andere Blogger, die ebenfalls dabei mitmachten. Dazu ist im dpunkt-Verlag ein Buch erschienen, das quasi einen Überblick über diese Art der weltweit bloggenden Strassenfotografie gibt.

Man weiß zwar noch, daß es sich um Alltagsszenen mit interessanter Perspektive handelt, aber so viele Fotos davon sind in dem Buch nicht zu finden. Das ganze Buch ist im Prinzip ein weltweites fotografisches Wunderland gespickt mit Anschauungen aus völlig verschiedenen Rechtssystemen und kulturellen Sichtweisen. So ist das Buch eine erstklassige Darstellung der meinungsbildenden aktuellen internationalen englischsprachigen Bloggerszene zum Thema der sozialen Gebrauchsweisen von Streetphotography. Daher war der Verlag klug genug mehrfach auf das juristische Kapitel am Ende des Buches hinzuweisen.

Dort heisst es: „In Deutschland dürfen sie keine Fotos von Fremden veröffentlichen, ohne deren Erlaubnis einzuholen – es sei denn, die Personen sehen anonym oder ununterscheidbar aus.“ Juristen gehen sogar noch weiter und sagen klar, dass sie auch nur in bestimmten Situationen Menschen aufnehmen dürfen.

Der internationale aktuelle Nenner der Strassenfotografie ist in dem Buch von Eric Kim aber klar dokumentiert: diese fotografische Welt ist flach.

Abgesehen davon endet das Buch genau da, wo mein Buch und wo meine Ausführungen zur Strassenfotografie beginnen. Ich habe mich mit dem dpunkt-Verlag aber nicht abgesprochen.

Für mich ist gute Strassenfotografie gestaltete Fotografie (Fineart-Streetphotography), die genau das zeigt, was unter den sozialen Bedingungen möglich ist, z.b. eine Szene mit Menschen, die alles erkennen läßt ohne Personen exakt idenifizieren zu können.

Das ist die hohe Kunst.

Aber das ist nicht mehr gefragt. Nüchtern betrachtet ist der neue Ansatz einfacher.

Ein bisschen so wie mit der deutschen Sprache. Weil nicht mehr jeder richtig schreiben konnte, wurden die Rechtschreibregeln so verändert, daß falsch Geschriebenes jetzt richtig ist.

Aber nicht alles ist deshalb auch interessant und noch viel weniger hat alles nun fotografische Klasse.

Denn wenn du keine echten Momente siehst und fotografierst, dann sind deine Fotos auch entsprechend langweilig und haben keinen Biss.

Öffentlichkeit

Nun wende ich mich dem Thema Veröffentlichen zu. Da kommen jetzt die Smartphones ins Spiel.

„Die beste Kamera ist die, die du dabei hast.“ Dieser Satz hebt die Kamera im Smartphone besonders hervor als Chance für das Festhalten des entscheidenden Moments. Und so sind Kameras in Smartphones immer mehr Instrumente für eine neue Streetphotography. Immer mehr Apps tun so als ob die alten Kameras in den Smartphones neu auferstanden sind.

Und immer mehr Smartphones haben immer leistungsfähigeres Kameras, die suggerieren, daß damit die Bilder besser würden.

Man vergißt dabei, daß die besten Bilder früher manuell aufgenommen worden sind.

Aber auch das genhört zur neuen Bewertung von Streetphotography. Sie muß social media fähig sein und sie muß vielfach möglichst schnell sein.

Damit sind wir dann wieder bei Leica und dem Street Style, denn was ist vergänglicher als die Mode und worüber wird mehr gesprochen als über die Fragen von Schönheit und Selbstdarstellung?

So ist die Streetphotography eines der Themen, das in den nächsten Jahren die Welt durchziehen wird.

Alle werden sie nutzen und benutzen zwischen Fineart und Paparazzi.

Na dann!

Text 1.1

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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