All-American Volume Twelve: A Book of Lessons von Bruce Weber


Immer wieder stößt man auf Bücher, die nach dem Öffnen nicht mehr loslassen. So erging es mir bei dem Buch von Bruce Weber.

Seit mittlerweile elf Jahren veröffentlichen der Fotograf und Filmemacher Bruce Weber und seine Partnerin Nan Bush die Buchreihe All-American, ein unabhängiges Portfolio mit Werken von Künstlern, Fotografen, Essayisten, Dichtern und Persönlichkeiten, deren Leben und Errungenschaften die Herausgeber feiern möchten. Einige der Mitwirkenden sind bereits Berühmtheiten, doch mindestens genauso oft begegnen uns in All-American relativ unbekannte, aber nicht weniger bemerkenswerte Menschen, von denen Weber und Bush überzeugt sind, dass ihre Geschichten und Leistungen den Leser auf einer persönlicheren Ebene ansprechen.

Kennen Sie George Ivanovitsch Gurdjieff? Nein? Wenn Sie das Buch von Bruce Weber aufschlagen und die ersten Fotos gesehen haben, dann wollen Sie mehr wissen über die Fotos und wer dahintersteckt. Und so kommt Bruce Weber zum Text, der die Geschichte von Franklins Farms in Mendham, New Jersey erzählt.

Kennen Sie Danny Trejo? Ich kannte ihn nicht, aber er ist ein amerikanischer Action-Schauspieler, der eine unglaubliche Lebensgeschichte hat. Auch diese wird bildreich und wortreich erzählt und zeigt uns durch den Menschen ein Stück Amerika wie wir es als Europäer nie sehen würden.

„All-American Volume Twelve: A Book of Lessons präsentiert eine vielseitige Palette amerikanischer Talente, die mit starker Persönlichkeit und Kreativität Eigenschaften wie Freiheit, Überzeugung und Inspiration beispielhaft verkörpern. In ihren persönlichen Lebensreisen stecken die „lessons“ oder Lehrstunden des Buches: Der Schauspieler und Aktivist Danny Trejo erzählt von seinem unwahrscheinlichen Weg zum Ruhm, Polly Mellen spricht über die wichtige Rolle der Neugier in ihrer glanzvollen Karriere als Moderedakteurin, und der Musiker und Musikproduzent Nile Rodgers gibt Aufschluss über seine magischen Künste als Hit-Fabrikant. Die aufstrebende Detroiter Kunstszene wird von zwei Seiten beleuchtet – zum einen anhand der Arbeiten von Studierenden und der handwerklichen Tradition an der Cranbrook Academy of Art, zum anderen in Gesprächen mit namhaften Kunstorganisationen im Zentrum der Stadt. Das Buch verneigt sich außerdem vor dem jüngst verstorbenen Grove-Press-Verleger Barney Rosset, dem Chicagoer Oral-History-Pionier Studs Terkel und der einstigen Salonlöwin Mabel Dodge Luhan, die später in der Künstlerkolonie Taos aktiv war.“

So ist dieses Buch wirklich etwas besonderes. Es erzählt Geschichten und es zeigt gute Fotoreportagen, interessanterweise mit Bildern aus den analogen Zeiten und den digitalen Zeiten der Fotografie.

Man merkt nicht den Unterschied für die Reportage aber es zeigt sich, dass verschiedene Bildstile auch völlig verschiedene Wirkungen hervorzaubern können.

Das Buch ist in englischer Sprache, aber die Fotos allein sind es schon wert. Neben zahlreichen Originalfotografien und Interviews von Bruce Weber enthält All-American Volume Twelve: A Book of Lessons Auftragswerke von Poppy de Villeneuve und Carlos Charlie Perez, bislang unveröffentlichte Fotografien von John Derek sowie Gedichte von Frank O’Hara und Danielle Faith Green, einer jungen Autorin aus Brooklyn.

In diesem Jahr übernimmt teNeues die Veröffentlichung von All-American und verschafft Bruce Webers Reihe damit ein wesentlich breiteres internationales Publikum als bisher. Das finde ich sehr gut, weil das Buch auch für Nicht-Amerikaner sehr reizvoll ist.

Was mir vor allem gefällt ist die doppelte Anspielung hinter der Überschrift „A Book of Lessons“ – Ein Buch mit Lektionen.

Man lernt nämlich nicht nur Lebenserfahrungen kennen, die den eigenen Horizont erweitern. Zugleich lernt man mit diesem Buch auch viel über gute erzählende Fotografie und illustrativen Journalismus.

Und nicht zuletzt macht es ausserordentlich viel Spass in dem Buch zu blättern, zu schauen und zu lesen.

Das Buch empfiehlt sich als Geschenk, wenn es etwas mehr sein soll und für Menschen, die fotografisch weiterdenken möchten.

All-American Volume Twelve:

A Book of Lessons

Bruce Weber

published by teNeues

134 color and 144 duotone photographs

Text in English

ISBN 978-3-8327-9667-9

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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