Georg Stefan Troller SIEBEN SCHNAPPSCHÜSSE

Georg Stefan Troller ist 1921 in Wien geboren und hat viele bekannte Menschen kennengelernt. Darunter waren auch einige Fotografinnen und Fotografen. Jetzt hat er in der Lettre international einen Artikel über seine Begegnungen mit Man Ray, Henri Cartier-Bresson, Robert Lebeck, Jacques-Henri Lartigue, Brassai, Gisele Freund und  W. Eugene Smith veröffentlicht.

Foto: Michael Mahlke

 

Der Artikel ist etwas Besonderes, weil er einerseits wesentliche Merkmale der Menschen und ihrer Tätigkeit skizziert – so wie ich es noch nie irgendwo gelesen habe. Andererseits ist Troller Zeitzeuge und auch noch einer der letzten, die darüber schreiben können.

Hinzu kommt etwas Persönliches: Da ich als Mann anders lese als eine Frau ist mir gerade bei den Schilderungen Trollers aufgefallen, dass die Ausführungen zu Gisele Freund irgendwie eine andere – weibliche (?) – Sicht auf die Fotografie vermitteln, die den Horizont erweitert.

Georg Stefan Troller zeigt in dem hochinformativen Artikel, dass das Fotografieren bei allen ein Stück der eigenen Persönlichkeit gewesen ist. Er schildert sogar die Lebenshaltung hinter den Menschen, die so bemerkenswerte Fotos gemacht haben.

Und er zeigt, dass es immer auch auf den Zeitgeist ankommt, wenn man fotografisch erfolgreich sein will.

Der philosophische Schriftsteller Baltasar Gracian hat einmal formuliert: „“Die außerordentlich seltenen Menschen hängen von der Zeit ab. Nicht alle haben die gefunden, deren sie würdig waren, und viele fanden sie zwar, konnten aber doch nicht dahin gelangen, sie zu nutzen. Einige waren eines besseren Jahrhunderts wert, denn nicht immer triumphiert jedes Gute. Die Dinge haben Periode, und sogar die höchsten Eigenschaften sind der Mode unterworfen. Der Weise hat jedoch einen Vorteil, den, daß er unsterblich ist: ist dieses nicht sein Jahrhundert, so werden viele andere es sein.“

Wenn man dies überträgt auf die Fotografie, dann kann man zumindest erklären, warum gute Fotos nicht immer erfolgreich sind. Dies habe ich im Bereich Strassenfotografie ja auch schon thematisiert.

Logischerweise ist der Artikel in der Lettre kein Buch. Er könnte aber auch als Büchlein mit dem Titel „Praktische Philosophie der Fotografie“ erschienen sein.

Es gibt den kompletten Artikel von Georg Stefan Troller nur gedruckt in der Lettre. Ich hoffe, der kleinen Schar klassisch orientierter Fotografinnen und Fotografen einen guten Hinweis zu geben, weil ich diesen Artikel für einen kleinen und guten Höhepunkt in der Informationsflut über Fotografie halte.

 

About Michael Mahlke

Früher habe ich Bücher geschrieben über den Nationalsozialismus, die Gewerkschaftsbewegung, das Leben der kleinen Leute im Arbeitsleben, Ausstellungen organisiert, Lernsoftware entwickelt und Seminare zu Themen wie „Global denken vor Ort handeln“ geleitet. Nach der Grenzöffnung 1989 qualifizierte ich Menschen und half, in Umbrüchen neue Lebensorientierungen zu finden und dann wechselte ich in die industrielle Organisationsentwicklung. Oft war ich einer der wenigen, der das Sterben der Betriebe und das Sterben der Hoffnung der Menschen sah. Ich wollte nicht nur helfen sondern auch festhalten für die Nachwelt. Denn die Worte zeigten keine Gesichter und die Geschichten erzählten keine Momente, so wie ich es erlebt hatte. Wenn ich das alles damals schon nicht aufhalten konnte, dann wollte ich es wenigstens festhalten. So kam ich zum Fotografieren. Mehr hier - http://dokumentarfotografie.de/2022/09/17/der-fotomonat-und-seine-zeiten/

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